Vor achthundert Jahren im Winter 1224/25 schrieb Franziskus von Assisi seinen berühmten Sonnengesang, der mit zu den Erstlingswerken der italienischen Poesie gehört.
Außergewöhnlich ist, wie Franziskus in diesem Lied die Geschwisterlichkeit aller Geschöpfe besingt. Diese basiert nicht auf dem Handeln des Menschen oder auf dessen Einsicht. Die Geschöpfe selbst erweisen sich durch ihr Dasein und die in ihnen verborgenen Kräfte als Geschwister des Menschen. Sie leuchten dem Menschen, sie geben Unterhalt, sie erweisen sich als hilfreich, vermitteln ihre Weisheit, sie erhalten, lenken, bringen Früchte zum Essen, Blumen zur Erbauung und Kräuter zur Heilung hervor. Die Geschöpfe schenken sich dem Menschen als Geschwister, ohne sie ist er nicht lebensfähig. Nicht der Mensch macht sich zum Bruder, zur Schwester der Schöpfung.
Die geschwisterliche Geste des Leuchtens, Ernährens und Heilens gehört zur Natur der Geschöpfe. Die Antwort, die dieser Gabe entspricht, ist der Lobpreis und die Dankbarkeit. Franziskus verbindet nun diesen Lobpreis mit der menschlichen Bereitschaft zur Vergebung, zur Geduld und zum Frieden. Der Mensch kann das geschwisterliche Dasein und Wirken der Geschöpfe nur anerkennen und durch sein verantwortungsbewusstes friedfertiges Handeln beantworten. Andernfalls wenden sich die Kräfte der Natur gegen ihn. Von einer Klimakrise war Franziskus damals nichts bekannt. Dennoch sollte uns dieses Lied zu denken geben. Der Sonnengesang fordert auf, dem Leben auf den Grund zu gehen.
Dies befreit uns Menschen davon, alles nur im Blick auf uns selbst und den eigenen Nutzen zu sehen. Der ausufernde Utilitarismus macht die Welt und damit den Lebensraum des Menschen durch Ausbeutung, Ausrottung und Zerstörung immer ärmer. Wieder mehr nach dem Urgrund zu fragen, gäbe dem Leben mehr Raum und mehr Möglichkeiten der Entfaltung und des Wachstums. Zum Ideal des ‚Cantico‘ gehört es, sich in den Dienst des Lebens zu stellen, es in jeder seiner Formen zu schützen und zu fördern.
Generell wird mit dem Begriff der Bonität die Zahlungsfähigkeit verbunden. Konkret bedeutet dies Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Daher wird der Begriff im deutschen Sprachraum auch oft mit Kreditfähigkeit, bzw. Kreditwürdigkeit gleichgesetzt. Wie so oft handelt es sich dabei um eine Begrenzung der Bedeutung eines Begriffes auf einen Teilaspekt des eigentlichen Gehaltes und Sinnes der Bezeichnung. Folge solcher Reduzierungen des Verständnisses auf Teilaspekte sind unter anderem auch die Einschränkung des menschlichen Denkhorizontes. Wir werden, im übertragenen Sinne, blind auf einem Auge und sehen nicht mehr die ganzheitlichen Zusammenhänge.
Da kann es helfen, nach dem umfassenden Sinn eines Begriffes zu Fragen. Der Begriff Bonität meint ursprünglich den Wert und die Güte einer Sache und ist aus dem lateinischen Wort Bonitas entlehnt. Diese lateinische Wurzel des Begriffes erschließt einen größeren Bedeutungshorizont und meint die gute, vorteilhafte Beschaffenheit einer Sache. Gleichzeitig bedeutet Bonitas aber auch Rechtschaffenheit und Vortrefflichkeit des menschlichen Verhaltens. Abgeleitet davon ist das personalisierte Wort Bonus, der Ehrenmann und die Ehrenfrau. Also jene Person, auf deren Wort man sich verlassen kann, weil sie in freigebiger Liberalität das Bonum, das Gute, für alle Beteiligten im Blick haben.
Hier wird deutlich, dass der eigentliche Sinn des Begriffes Bonität nicht nur die finanzielle Kreditwürdigkeit meint. Darüber hinaus kommen auch ethische Verhaltensweisen, wie Rechtschaffenheit, Großzügigkeit, Einvernehmlichkeit, Wertschätzung und Güte in den Blick. Die Entfaltung des Begriffshorizontes macht deutlich, dass es um mehr als um finanzielle Zahlungsfähigkeit geht. Es geht darum das Bonum, das Gute, das umfassende Wohl aller Beteiligter in den Blick zu nehmen. Eine einseitige Begriffsbestimmung macht blind für das Ganze, um das es geht, und verursacht oft genug wirtschaftliche und menschliche Kollateralschäden. Umfassend verstandene Bonität blickt über die Kreditfähigkeit hinaus auf einen erweiterten Horizont: soziales Verhalten, Verantwortungsübernahme für das Allgemeinwohl, nachhaltiger Umgang mit den Naturressourcen, Einhaltung von Menschenrechten und zukunftsträchtige Pflege der Mitwelt sind nur einige der herausfordernden Gesichtspunkte. Wer zwar fähig ist seine Zahlungsverpflichtungen zu bedienen, aber auf ethische Faktoren pfeift, oder diese nur vortäuscht, besitzt keine Bonität. Da wird deutlich, dass Bonität kein Zustand ist, den man besitzt. Vielmehr ist Bonität ein anzustrebendes Gut, das durch wirtschaftliche Weichenstellungen der Politik, der Unternehmer, der Banken und der Investoren gefördert werden kann. Zu solchen Weichenstellungen leistete TerrAssisi in den letzten 15 Jahren seinen Beitrag.
Die am 19. März 2024 bekannt gewordene Bertelsmann-Studie zum Transformationsindex, die Daten über Regierungen und die Wirtschaftsentwicklung von 137 Ländern berücksichtigt, verkündet keine guten Nachrichten für die Demokratie. Demnach gibt es nur noch 63 Länder, die die Bezeichnung Demokratie verdienen. Daneben aber unterdessen 74 Autokratien, vor allem in den Schwellenländern. Das ist nach 20 Jahren ein neuer Tiefstand der Demokratie.
Zugleich nimmt die Untersuchung in vielen dieser Staaten eine wirtschaftliche Ungleichheit mit massiven sozialen Ausgrenzungen wahr, die auf einer verfehlten Wirtschaftspolitik beruhen. Da wird der Zusammenhang zwischen Autokratie und sozial nicht gerechtfertigten Unterschieden in der Bevölkerung deutlich. Denn in den meisten Autokratien sind es die Mächtigen, die sozial gerechte Reformen der Wirtschaft verhindern, um ihre, auch wirtschaftliche, Vormachtstellung zu erhalten. Nur wenige Länder, in denen die Bevölkerung sich bewusst für demokratische Prozesse und eine entsprechende Wirtschaftspolitik einsetzen können als positive Beispiele gewertet werden. Auch Länder der Europäischen Union stehen da nicht gerade als demokratische Vorbilder zur Verfügung.
Demokratische Entwicklungen setzen eine Förderung des, auch wirtschaftlichen, Gemeinwohls voraus. Soziale Absicherung, gerecht bezahlte Arbeit, ein funktionierendes und für alle zugängliches Gesundheitssystem, die Förderung einer Kultur der Solidarität, sowie die Teilhabemöglichkeit an erwirtschafteten Gewinnen und am allgemeinen Fortschritt sind Grundvoraussetzungen dafür, dass die Menschen auch gewillt sind für die Freiheit der Demokratie einzutreten. Wirtschaftliche Ungleichheit und soziale Ängste spielen paradoxerweise den Autokraten in die Hände, die dann nicht nur die Freiheit der Wahl beschränken. Daher ist der Einsatz für das Gemeinwohl, der zum Kerngeschäft der franziskanischen Ethik der Ökonomie gehört, auch ein Schritt zur Stärkung der Demokratie.
Ärger, Zorn und Unmut verbreiten sich aus unterschiedlichen Gründen im Land. Dafür sprechen nicht nur die zunehmenden Streiks, Traktoren-demonstrationen und eine vergiftete Ausdrucksweise in den sogenannten sozialen Medien. Viele Menschen werden aggressiver, eine gesellschaftliche Polarisierung nimmt zu. Darüber können auch keine Massendemonstrationen zu Gunsten der Demokratie hinwegtäuschen. Am Ende zählen die Kreuzchen auf dem Wahlschein. Mehr und mehr ist da Mut angefragt. Mut verwandelt den Ärger und Zorn über eine Situation, die nicht akzeptabel ist, in sachgemäße, kluge und angebrachte Entscheidungen und Handlungen, die jeden Extremismus vermeiden.
Dabei ist Mut auch notwendig, um etwaige Resignation oder Gleichgültigkeit zu überwinden. Er verlangt einen gewissen Optimismus und vermeidet pessimistische Haltungen. Ebenso stellt der Mut das Gleichgewicht des Gemüts her, dort wo entweder Ungeduld oder Feigheit sich breit machen. Denn Mut erwächst aus der Zuneigung, der Liebe für jemanden oder eine Sache und ist bereit auch unter Risiken sich dafür einzusetzen. Daher überwindet er mit Vernunft und Einsatzbereitschaft Schwierigkeiten und Furcht. Dazu verbündet sich der Mut mit der Treue zu positiven Werten. Im Licht des Glaubens ist er eine Gabe des Geistes, die das Vertrauen in sich und seine Kräfte, sowie das Vertrauen in das Gute der anderen weckt.
Damit ist der Mut die Energie, bzw. der Mumm, zum Widerspruch, wo er angebracht ist, und zum Neuanfang. Dazu bedarf es auch einer Kompromissbereitschaft, einer flexiblen Meinungsbildung, die die eigene Verbohrtheit vermeidet. Im letzten ist der Mut die aufrechte Haltung sich für die Mitmenschen und die Mitwelt einzusetzen, damit man sich selbst ohne Hochmut im Spiegel zufrieden betrachten kann.
Dieses Jahr endet mit einer Erfolgsmeldung des terrAssisi-Aktienfonds, der wohl eine magische Milliardenzahl überschreitet. Das ist ein Erfolg. Diese Summe nun allein aus der Perspektive der Gewinnsteigerung mit Ausschüttung eines Bonus an einige wenige Beteiligte zu feiern, entspräche zwar dem Neo-liberalen Kapitalismus, stünde aber diametral im Widerspruch zu den Überzeugungen der franziskanischen Ökonomie auf deren Grundlagen der Erfolg des terrAssisi-Fondsfamilie mit beruht. Der Erfolg besteht nämlich nicht einfach nur in der erreichten Summe, die wenn es einmal schlecht laufen sollte, auch wieder unterschritten werden kann. Der eigentliche Erfolg besteht bei dieser Fondsfamilie im Einsatz für eine ethische Ökonomie und die zukunftsträchtigen Lebenswerte, wie Schutz der Mitwelt, Gerechtigkeit und den Einsatz für die Überwindung von Hunger und Armut in dieser Welt.
Die erreichte Summe ist indirekt ein Indikator dafür, dass der Einsatz für Werte, für eine bessere Welt und eine sozial ausgerichtete, alternative Ökonomie durchaus auch bei Investoren ankommt. Dieser Erfolg kommt, wie immer wieder verkündet, durch einen Impact auf dem Wege der Initiator-Fee, als Anteil an den Gebühren, den Hilfsprojekten unseres Hilfswerkes Franziskaner Helfen zugute. Hilfsprojekten im Bereich der Nothilfe bei Katastrophen, Bildungsprojekten, Gesundheitsprojekten, Starthilfen zur Existenzgründung, ökologische Maßnahmen und vieles mehr. Daher gebührt allen Dank, die zu diesem Erfolg beigetragen haben. Den Engagierten bei Ampega, den Zuständigen in der Leitung und im Vertrieb, der Presseabteilung, den für den Impact verantwortlichen Projektbetreuern, sowie natürlich all jenen, die durch ihre Investitionen in die terrAssisi-Fondsfamilie die ethischen und franziskanischen Werte unterstützen.
Wenn Gewinne mit sozialen und ökologischen Werten verbunden werden und nicht die Gier nach ständiger Gewinnsteigerung und Boni im Mittelpunkt stehen, sind auch im bestehenden wirtschaftlichen System alternative Schritte möglich. Im Sinne der Ermahnungen des Heiligen Franziskus sollen wir das ‚Geld Gottes‘, die Gewinne, die uns zufallen, ‚nicht stehlen‘, sondern sie ‚zurückerstatten‘, indem wir den Armen dieser Welt gerechterweise eine Zukunft ermöglichen. Das jedenfalls ist der Grund, warum die terrAssisi-Fondsfamilie überhaupt ins Leben gerufen wurde.
Das lateinische Grußwort Salus kommt im Wortschatz der franziskanischen Tradition häufig vor. Schon die vielfachen Möglichkeiten das Wort ins Deutsche zu übersetzen, machen die umfassende Bedeutung dieses Wunsches ersichtlich. Das Grußwort nimmt Wohlergehen, Gesundheit, Heil, Rettung und Sicherheit in den Blick. Das alles wünscht man dem Gegenüber und auch sich selbst. Dabei ist es mehr als eine der üblichen Grußfloskeln, die wir gewohnt sind, untereinander auszutauschen. Es setzt nicht nur eine ehrliche Empathie den Gegrüßten gegenüber voraus, darüber hinaus nimmt es die Grüßenden in die Verantwortung für dieses gewünschte Wohlergehen persönlich, konkret und fantasievoll Sorge zu tragen.
Nicht das klein geschriebene und allgemein unverbindliche ‚man‘ übernimmt Verantwortung für das Wohlergehen. Wenn das Grußwort keine leere Formel bleiben soll, stehen die Grüßenden verantwortungsbewusst dafür ein, die Sorge um die konkrete, meist situationsbedingte, Umsetzung gemeinsam in die Hand zu nehmen. Dazu bedarf es größtenteils gestalterisch Fantasie, oft auch unkonventioneller Alternativen, eben schöpferischer Bereitschaft. In diesem Sinne meint die franziskanische Ausprägung des Grußwortes Salus nicht nur den privaten zwischenmenschlichen Rahmen. Vielmehr ist das umfassende gewünschte Wohlergehen das eigentliche Ziel, das weder die Politik noch die Wirtschaft aus dem Auge verlieren dürfen.
Salus wurde durch die franziskanischen Philosophen und Theologen als Grundbegriff der Politik und Wirtschaft definiert. Weder die Politik noch die Wirtschaft haben eine Existenzberechtigung, die in ihnen selbst liegt. Beider Existenzberechtigung basiert auf der dienenden Sorge um das Wohl der Menschen und dessen sozialer und ökologischer Mitwelt. Jeden Selbstzweck muss man der Politik und der Wirtschaft absprechen. Um das einzusehen, bedarf es politischer und ökonomischer Agenten, die nicht nur die eigene Kariere oder den eigenen Profit im Sinn haben, vielmehr gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, den Mut aufbringen auch mit Unsicherheiten umzugehen. Akteure des Wandels, die den Menschen und seine Mitwelt in den Mittelpunkt stellen und um derentwillen Innovationen ermöglichen, sich für Bildung und Ausbildung engagieren. Visionäre, die nicht nur im konventionellen Rahmen denken, sondern über den Tellerrand hinausschauen und auch das scheinbar Unmögliche andenken und zur Sprache bringen, um den Profit zu ermöglichen, der dem Wohlergehen und damit der Zukunft dieses Planeten und ihrer Bewohner dient.
Auf der Grundlage einer Anthropologie, die den Menschen als soziales Lebewesen sieht und ihn als rational zur Gestaltung des Zusammenlebens befähigt anerkennt, hat die Tradition der franziskanischen Philosophie auch ein Framework der politischen Orientierung in den Blick genommen. So werden fünf Grundfunktionen der Politik definiert.
Fundamentale Bestimmung der Politik ist es, die sozialen Beziehungen zu ermöglichen und zu fördern, sowie ihren Fortbestand zu pflegen und zu sichern. Dies tut sie, indem sie die Gemeinnützigkeit mit dem individuellen Wohl in Zusammenklang bringt und dafür die notwendigen Grundhaltungen des wohlwollenden Zusammengehörigkeitsgefühls und die Solidaritätsfähigkeit animiert und bestärkt. Damit dies progressiv erreicht werden kann, hat die Politik den Formen des gelingenden Zusammenlebens durch Information, Bildung und materielle Unterstützung den Weg zu ebnen. Dies kann nur durch eine verantwortungsvolle und zielgerichtete, auf Werten basierende Leitung des Gemeinwesens erreicht werden. Dabei spielen auch die Beispielhaftigkeit, Aufrichtigkeit und eine gewisse Selbstlosigkeit der Politiker eine wichtige Rolle. Auf deren uneigennützigem Unterscheidungs- und Urteilsvermögen beruht die Förderung einer die verschiedenen Interessen ausgleichenden Gerechtigkeit.
Die politische Gerechtigkeit achtet dabei darauf, dass jedem Mitglied des Gemeinwesens, das ihm berechtigterweise Zustehende zukommen kann. Dazu bedarf es des Zusammenspiels der verschiedenen legitimen Interessen und vorhandenen Kräfte. Aufgabe der Politik ist es nicht nur eine Harmonie zwischen den verschiedenen Interessen herzustellen. Darüber hinaus ist es ihre Pflicht dafür Sorge zu tragen, dass die unterschiedlichsten Interessengruppen nicht auf ihrem Eigenwohl beharren, sondern sich vielmehr mit ihren Anliegen zum Wohl aller einbringen. Die Politik hat das Allgemeinwohl zu schützen und nicht partielle Eigeninteressen zum Schaden des Ganzen zu favorisieren. Das Gesamtwohl steht über den Parteiinteressen. Um das Gesamtwohl anzustreben, bedarf es kluger Besonnenheit und Ausgewogenheit, oft auch der angebrachten Mäßigung und der angemessenen Standhaftigkeit. Gerade in dem Bemühen um einen Zusammenklang der Interessen zugunsten der Lebensqualität des Gemeinwesens wird auch eine Schönheit (Pulchritudo) der Politik gesehen. Diesen aus der historischen Erfahrung erwachsenen ethischen Rahmen könnten sich auch heutige politisch Agierende, sei es auf staatlicher Ebene oder in der Wirtschaft zu Herzen nehmen. Dies bedeutet zusammenfassend:
1) Soziale Beziehungen ermöglichen; 2) Formen des gelingenden Zusammenlebens im Einklang mit der Natur fördern; 3) ein durch Lebenswerte zielgerichtetes Management ermöglichen; 4) Förderung einer die Interessen ausgleichende Gerechtigkeit, die das Gesamtwohl anstrebt; 5) über allen parteiischen Nutzen hinweg die zukunftsträchtige Lebensqualität aller zu sichern.
Folgen der Coronapandemie, Krieg in der Ukraine, wankende Banken, explodierende Kosten und Preise, sowie vieles mehr erfordern jetzt kluge Entscheidungen der Politiker und der Unternehmer, um die Zukunft nicht nur einigermaßen abzusichern, sondern sie auch wirtschaftlich und nachhaltig zu gestalten. Unter klugen Entscheidungen verstehen wir zunächst verstandesmäßig, möglichst sachlich und objektive getroffene Entschlüsse.
Dabei entgeht uns oft, dass wir in der Wirklichkeit kaum solche rein sachlichen Entscheidungen ohne emotionale, subjektive und persönliche Präferenzen treffen können. Ob wir es zugeben oder nicht, aber das ‚Bauchgefühl‘ spielt immer mehr oder weniger eine Rolle. Da kommt ins Spiel was mit dem etwas weniger bekannten Wort von der ‚schönen Entscheidung‘ gemeint ist. Unsere franziskanische Tradition z.B. hat die Idee der Schönheit (Pulchritudo) nicht nur mit dem Anblick der Schöpfung, eines Kunstwerkes oder dem Hören von Musik verbunden. Schönheit wurde auch als eine ethische Dimension begriffen, die bei der Notwendigkeit wichtige Entscheidungen zu treffen eine Rolle spielt.
So wurde in diesem Zusammenhang die Findung von vernunftgemäßen Entscheidungen immer mit der Berücksichtigung der intuitiven und gefühlsmäßigen Befindungen, dem auf sozialen und religiösen Verhältnissen, sowie auf Erfahrung beruhenden Erkennen verbunden. Da geht es dann eben nicht nur um kluge, eher um ‚schöne Entscheidungen‘. In den Blick genommen wird die Stimmigkeit des Sachverhaltes, der Ideen und der gewünschten Ziele. Dabei meint Stimmigkeit nicht ausschließlich die logische Korrektheit, vielmehr noch die mögliche Übereinstimmung einer Entscheidung mit dem Bestmöglichen einer Sache, einer Situation, bzw. mit dem Ziel, das dem Guten und Besten der betroffenen Menschen und ihrer Mitwelt entgegenkommt. Um solche Entscheidungen treffen zu können bedarf es sowohl des machbarkeitsorientierten Vorstellungsvermögens als auch der Intuition, wenn wir so wollen dem ‚Bauchgefühl‘.
Vernunft und Intuition bleiben aber ausschließlich berechnend, wenn sie nicht mit einem sozialen Gewissen und einer Liebe zur Mitwelt verbunden werden. Mit der ‚schönen Entscheidung‘ wird ein Handeln angestrebt, das in sich stimmig ist und damit logisch und sachlich korrekt, darüber hinaus in besonderer Weise der angestrebten guten Zukunft für Mensch und Mitwelt verpflichtet. Da geht es um mehr als Wirtschaftswachstum, da geht es darum die lebenswerte Zukunft aller Menschen, egal auf welchem Kontinent sie leben, und der Natur als Mitwelt zu gestalten.
„Es ist nicht die Wohltätigkeit des Metzgers, des Brauers oder des Bäckers, die uns unser Abendessen erwarten lässt, sondern dass sie nach ihrem eigenen Vorteil trachten.“ Diese Feststellung des Moralphilosophen Adam Smith aus seinem 1776 erschienenen Standardwerk zur Nationalökonomie prägte die Wirtschaftswissenschaften bis ins 20. Jahrhundert hinein. Dass die Maximierung des Eigennutzes der eigentliche Motor für das kontinuierlichen Wirtschaftswachstum bilde, wurde zu einer gängigen Überzeugung der vorherrschenden Wirtschaftsmodelle. Die Antreibung der Teilnehmer am Markt vor allem durch ihr Eigeninteresse gehört zu den grundlegenden Prinzipien dieser Wirtschaftslehre, die auf ständiges Wachstum und Gewinnmaximierung abzielt.
Das hinter dieser Wirtschaftslehre ein, auch durch die Religion geprägtes, bestimmtes Menschenbild steht, ist den wenigsten bewusst. Das grundlegende Modell vieler Wirtschaftstheorien ist die Erklärung des menschlichen Verhaltens durch den methodologischen Individualismus, der den Menschen als eine individualistische Spezies definiert, die ihre Eigeninteressen rational kalkuliert. Die ökonomischen Modelle unterstellen den nutzenmaximierenden Menschen, der am Eigennutz und kaum am Wohlergehen der Mitmenschen interessiert ist. Dahinter steckt eben auch das durch religiöse Strömungen geprägte Menschenbild des von Natur aus egoistischen Menschen, der seinen Eigennutz durchsetzt. Gestärkt wurde diese Vorstellung auch durch eine Fehlinterpretation der Darwin’schen Evolutionstheorie, die eine Entwicklung des Lebens auf der Durchsetzung und dem Überleben des immer Stärkeren postulierte.
Insofern dieses auch zur Wirtschaft gehörende Menschenbild immer wieder gelehrt und praktiziert wird hat es einen Selbsterfüllungseffekt. Der Mensch beginnt sich nach dem ihm aufgedrängten Bild zu Verhalten. Das daraus erwachsene egoistisch, individualistische Selbstbild nimmt dann selbstzerstörerische Dimensionen an. Eine so geprägte Wirtschaft schadet. Nun müssen wir durch die Forschung zur Kenntnis nehmen, dass es gerade Kooperation, Zusammenspiel im Aufeinanderbezogensein waren, die im Evolutionsprozess die größten Überlebenschancen boten und zur Natur der Dinge, gerade auch des Menschen, eine relationale Bezogenheit gehört. Dem entspricht auch ein anderes Menschenbild, das die soziale Natur des Menschen anerkennt und fördert. Der Mensch kann sich egoistisch verhalten, aber seine Natur ist auf das Miteinander und Füreinander ausgelegt. Das Selbstbild, durch das der Mensch sich prägen lässt, hat existentielle Bedeutung und ist in vielen Bereichen des Lebens bestimmend. So auch in der Ökonomie. Daher postuliert die franziskanische Tradition seit Jahrhunderten ein relationales, empathisches Menschen- und Weltbild, das auch eine entsprechende Wirtschaftslehre ausrichten kann.
TerrAssisi tritt daher für einen Paradigmenwechsel ein. Wir wollen eine Wirtschaft fördern, die der sozialen Natur des Menschen entspricht und den Holzweg einer Ökonomie des egoistischen Eigennutzes überwindet.